Die Herausforderungen im Pflanzenschutz nehmen zu: Immer mehr Schadorganismen breiten sich aus, während gleichzeitig die Zahl verfügbarer Wirkstoffe sinkt. Notfallzulassungen sind nur eine kurzfristige Lösung – langfristig braucht es neue Ansätze, um Kulturen zu sichern und Produktionsausfälle zu vermeiden.
Im Rahmen der Einladung zur neunten Tagung der Aktionsplans Pflanzenschutzmittel, die dieses Mal bei Agroscope am Standort Zürich Reckenholz stattfand, stellte unter anderem Daniel Hofer, Bundesamt für Landwirtschaft, das Konzept zu einem «nachhaltigen Schutz der Kulturen 2035» vor. Über 100 Teilnehmende aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbände und Nichtregierungsorganisationen folgten auf die Einladung der BLW-Vizedirektorin Gabriele Schachermayr.
Am Nachmittag besichtigten die Gäste die Forschungsstation und erhielten einen Einblick in die Aktivitäten der Bereiche Züchtung, Sortenprüfung und Saatgutzertifizierung.
Die Herausforderungen im Pflanzenschutz wachsen spürbar. Immer mehr Schadorganismen breiten sich aus, und gleichzeitig schrumpft das Arsenal an Wirkstoffen. Notfallzulassungen seien nur ein Tropfen auf den heissen Stein – langfristig braucht es neue Lösungen, um Kulturen zu schützen und Ernteverluste zu vermeiden.
„Wir sehen zunehmend, dass unsere Kulturen Lücken im Schutz haben“, beschreibt Daniel Hofer die Situation. Schadorganismen, die früher nur lokal auftraten, sind mittlerweile landesweit ein Problem. Zugleich gehen viele Wirkstoffe zurück, Neuzulassungen sind rar. Für Landwirte bedeutet das: weniger Sicherheit, mehr Risiko.
Die Strategie: praxisnah und partizipativ
Das BLW hat ein Projekt gestartet, um eine nationale Strategie zum Schutz der Kulturen zu entwickeln. Das Ziel: die Produktion gesunder Lebensmittel sichern, Risiken für Umwelt und Gewässer reduzieren und den integrierten Pflanzenschutz (IPM) konsequent anwenden.
Dabei setzt das BLW auf partizipative Zusammenarbeit: Workshops bringen Forschung, Praxis, Kantone und Branchenorganisationen zusammen. Gemeinsam werden Schutzmöglichkeiten in verschiedenen Kulturen bewertet und Massnahmen entwickelt, die praxisnah umsetzbar sind.
Der Entwurf der Strategie enthält zwölf zentrale Massnahmen, darunter:
• Aufbau einer nationalen Monitoring-Plattform für Schadorganismen, um Daten zu sammeln, Risiken früh zu erkennen und Forschung gezielt zu steuern.
• Ausbau von Prognosemodellen und Entscheidungshilfen, damit Landwirte besser planen und gezielt reagieren können.
• Demonstrationsnetzwerke, um neue Methoden direkt auf den Feldern zu testen.
• Förderung der biologischen Bekämpfung durch Nützlinge.
• Unterstützung neuer Applikationstechniken und Optimierung von Zulassungen.
• Entwicklung kulturspezifischer Strategien, quasi „Rezepte“ für den Pflanzenschutz.
• Prüfung und Einsatz neuer Technologien wie RNA-Sprays oder moderne Züchtungsverfahren.
Die Zeit drängt: Viele Massnahmen erfordern gesetzliche Anpassungen oder zusätzliche Ressourcen, und der Zeithorizont von zehn Jahren ist knapp. Gleichzeitig muss die Strategie mit der Agrarpolitik 2030+ abgestimmt werden.
Blick nach vorn
Bis Ende des Jahres soll die Strategie als Bericht veröffentlicht werden. Ziel ist ein schlankes, praxisnahes Paket, das Landwirten echte Unterstützung bietet – und das bereits in Teilen vor der offiziellen Verabschiedung umgesetzt werden kann.
Fazit:
Die neue Strategie soll ein Schritt in Richtung Zukunft sein: Sie hat zum Ziel wissenschaftliche Analyse mit praktischer Umsetzbarkeit zusammenzubringen, setzt auf digitale Daten, biologische Bekämpfung und innovative Technologien – und will so die Lücke zwischen steigendem Pflanzenschutzbedarf und abnehmenden Lösungen schliessen. Die konkreten Vorschläge zum wie fehlten in den Ausführungen von Daniel Hofer, das gestand er auf eine Anfrage aus dem Publikum zu.
Die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) testet zusammen mit Agroscope, MeteoSchweiz und der Firma Swisens ein System zur Früherkennung von Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans) im Kartoffelanbau. Die neuesten Erkenntnisse stellte Christa Kunz, HAFL, vor.
Kernstück ist das Gerät Swisens Poleno, das mit digitaler Holographie und künstlicher Intelligenz arbeitet. Es kann Partikel in der Luft in Echtzeit erfassen und automatisch klassifizieren. Während die Technologie bereits für Pollen bewährt ist, läuft nun die Validierung für Pilzsporen.
Seit drei Vegetationsperioden erfassen Messstationen in der Schweiz Daten. Erste Ergebnisse sind laut HAFL „vielversprechend“, müssen aber noch mit Feldbeobachtungen und klassischen Prognosesystemen wie PhytoPRE abgeglichen werden. Ziel ist es, Landwirtinnen und Landwirten künftig präzisere Warnungen zu geben und Fungizidbehandlungen gezielter zu steuern.
Die Forschenden sehen Potenzial: Echtzeitdaten könnten helfen, den Pflanzenschutz nachhaltiger zu gestalten. Noch offen sind Fragen zur Zuverlässigkeit, zur Integration in bestehende Beratungssysteme und zu den Kosten für die Praxis. Kirsten Müller
"Wir sehen zunehmend, dass unsere Kulturen Lücken im Schutz haben"
Daniel Hofer
Bundesamt für Landwirtschaft
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